Interview mit Matthias Bachmann von der Confiseur Bachmann AG

2006 hat Raymond Bachmann das Unternehmen an seine Söhne Matthias und Raphael übergeben. Zwischen Mehlsäcken und Backformen aufgewachsen erlernten die beiden den Beruf von der Pike auf. Ein Resultat: 2014 wurde ihnen der begehrte Prix SVC (bekannt als SVC Unternehmerpreis) verliehen. Eine unabhängige Experten-Jury prüft 70 bis 100 Unternehmen pro Region und nominiert sechs für das Finale. Am Finalabend gewinnt das Unternehmen, das Innovation wie auch Unternehmergeist bewiesen hat und nachhaltigen Erfolg vorweisen kann. Zu den Bewertungskriterien zählen nebst monetärem Leistungsausweis auch die regionale Verankerung des Unternehmens, das ökologische Verhalten, die Qualität des Managements und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen vor Ort. Ein Leistungsausweis der den Bachmann-Brüdern gerecht wird. Matthias Bachmann lüftet in unserem Interview ein wenig den Schleier ihres erfolgreichen Unternehmens.

Matthias Bachmann: Vom kleinen Quartierladen auf dem Wesemlin bis zum angesehenen Confiserie Imperium. Macht das Stolz?

Dass wir heute nach der Firmengründung unseres Urgrossvaters vor 120 Jahre die 4. Familiengeneration vertreten dürfen bereitet uns grosse Freude, aber verpflichtet auch. Ohne unsere treuen und langjährigen Mitarbeitenden wäre die positive Entwicklung des Unternehmens jedoch nicht möglich gewesen. In einer kleinen Bäckerei im Wesemlinquartier der Stadt Luzern wuchsen mein Bruder und ich auf. Wir hatten das Privileg in der Backstube stetig mit ein bisschen Teig etwas zu backen und waren dort immer willkommen. Was unverändert blieb zu damals ist der kompromisslose Qualitätsanspruch sowie die Handarbeit. Wie heute standen auch in der Quartierbäckerei unser Beruf und das Handwerk im Mittelpunkt.

Zwei Brüder und ein immer noch umtriebiger Vater im Hintergrund. Sind da nicht «Hahnenkämpfe» programmiert?

Es tönt sicherlich kitschig, aber Rivalität gab es in den 20 Jahren, in denen wir gemeinsam im Geschäft arbeiten nie. Denn wir wissen, dass es der Eine ohne den Anderen nicht einfacher haben würde. Wir bauen auf den gegenseitigen Respekt und auf das bedingungslose Vertrauen. Wir mussten keine Energie in Streitigkeiten und Eitelkeiten investieren, sondern konnten immer zum Wohle des Unternehmens arbeiten und unsere Energie in die Zukunft investieren. In der Familie, wie auch in einem wachsenden Unternehmen ist es zentral, sich ein- und manchmal auch unterzuordnen zu können. Einschlägige Hierarchien könnten schnell mal zu grossen Problemen führen. Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind sich gewohnt, sich auch mal gegen unsere Entscheidungen durchzusetzen. Einen Schritt zurückzumachen, dass noch besseres entstehen kann, ist für mich wie auch für meinen Bruder kein Problem. Dies ist der Grund, wieso wir diese «Hahnenkämpfe» nicht kennen. Natürlich können wir jedoch auch für etwas hart kämpfen, schliesslich sind wir beide Unternehmer. Bei uns geht es jedoch immer um die Sache und diese handhaben wir auch als Brüder so.

Was hat dich bewogen in das Familienunternehmen einzusteigen?

Meine Eltern liessen mir die freie Berufswahl. Mit 13 Jahren war für mich der Richtungs- oder Berufsentscheid zu früh. Dadurch nahm ich mir die Freiheit die Fühler ein bisschen ausstrecken. Mit Überzeugung begann ich dann als 15-Jähriger die Lehre als Konditor-Confiseur, in der St. Galler Altstadt bei der Confiserie Roggwiller. Schnell wurde mir bewusst, dass auch in mir das Confiseurenblut fliesst.  Meine Begeisterung für das kreative Metier ist bis heute ungebrochen. Es gibt nicht viele Berufe, bei welchen man mit den eigenen Händen etwas Einzigartiges entstehen lassen und man noch am gleichen Tag einen Menschen damit beglücken oder eine Freude machen kann. Was gibt es Schöneres?!  Zusammen Ziele zu setzen und daran zu arbeiten, sowie die Früchte gemeinsam zu ernten ist etwas vom Schönsten was es gibt. Da ist die Treue zum Familienunternehmen keine Pflicht, sondern eine Musse.

Unter einem Confiseur-Meister der tagtäglich seinen süssen Verführungen ausgesetzt ist stellt man sich eigentlich eine eher füllige Person vor. Wie kommst du zu einem perfekten Sport-Body?

In der Ernährungsbranche steht das Nahrungsmittel im Zentrum und es ist meine Leidenschaft, sich mit einem gesunden Lebensstil auseinanderzusetzten. Dabei steht nicht nur die Ernährung im Fokus, sondern auch die Bewegung ist wichtig. Als passionierter Marathon- und Ultra Trail-Läufer halte ich mich fit und kann meine Erfahrungen im Ausdauersport in Bezug auf die Ernährung bei gewissen Produkten einfliessen lassen. So kann ich mein Hobby mit dem Beruf verbinden und es entstand zum Beispiel das Marathon Paillasse Brot, welche wir jeweils zum Swiss City Marathon Lucerne jährlich lancieren und promoten.

Eure Filialen überraschen immer wieder mit tollen Eycatcher. Wer steckt hinter diesen Ideen?

Der Ladenbau ist in unserem Unternehmen ein besonderes Herzstück. Dabei arbeiten wir unter anderem mit Feng-Shui, denn es ist eben ein emotionaler Entscheid, einen Laden zu betreten. Sie können noch so gute Produkte haben: Wenn diese nicht richtig beleuchtet oder gekühlt werden, man sie eventuell sogar kaum sieht, ist dies nur die halbe Miete. Seit 20 Jahren ist der Architekt HTL Marc Jöhl unser engster Berater. In vielen Bereichen liessen seine Visionen unser Unternehmen entwickeln. Von der spektakulären Kirchenorgel im «La vie en rose» bis zur fliessenden Schokoladenwand am Schwanenplatz. Unsere exklusiven Verkaufsstellen tragen allesamt seine Handschrift. Er versteht es nicht nur im Design immer wieder neue Akzente zu setzten, sondern für die Besucher ein Erlebnis zu schaffen.

Wer bringt denn bei Euch ganz allgemein die neuen Ideen für neue Produkte?

In der Geschäftsleitung und in der Produktentwicklungsabteilung sind wir sehr kreativ. Wenn jemand eine Idee hat, wird diese gleich aufgenommen und nicht von vornherein verurteilt. Das Ganze ist bei uns immer ein Prozess, in den sich jeder einklinkt. Innovation lässt sich nicht delegieren, sondern hat viel auch mit Herzblut zu tun. Innovativ ist man oder man ist es eben nicht.

Eure Filialen liegen hauptsächlich in der Zentralschweiz, aber auch in Zürich und Spreitenbach. Wohin entwickeln Sie sich, was ist euer Plan?

Unser Planhorizont ist unser ganzes Leben. Wie unsere Vorfahren haben wir eine Idee und Vision. Wir haben das Privileg erarbeitet, dass wir wachsen können, aber nicht müssen. Auch sind wir in dem Sinne unabhängig, dass wir über 95% der erzeugten Produkte exklusiv in unseren Fachgeschäften anbieten. Wir bekommen wöchentlich Nachfragen für Standorte oder auch Übernahmen. Grundsätzlich wollen wir die Werte des Familienunternehmens sowie der Stadt Confiserie in der Zentralschweiz und Mittelland erhalten uns nachhaltig verbessern. Qualitativ geht nichts über die Frische und erstklassige Zutaten.

Wir sind regional stark verankert. Unsere Backstube befindet sich mitten in der Stadt Luzern auf 10‘000 m². Unsere Mitarbeiter kommen grösstenteils mit dem Velo oder mit dem ÖV zur Arbeit. Wir haben eine starke Wertschöpfung für die Region, da wir die meisten Produkte und Dienstleistungen auch aus der Region beziehen. In den letzten Jahren investierten wir über 12 Millionen in Backstube und Läden! Wo wir sind ist nicht so wichtig, wichtig ist alleine, dass wir unsere Leidenschaft in der gleichen Form ausleben können. Den Rest ergibt sich von selbst.

Auch in Zukunft werden wir auf die Tagesproduktion setzten. Wir backen kein Brot in der Nacht, welches grösstenteils am Abend verkauft wird. Unser Anspruch auf Frische fühlt sich anders an. Das geht nur, weil unser Netz an Verkaufsstellen gut erreichbar ist. Unser Wachstum hat deshalb automatisch geografische Grenzen. Die Frische unserer Produkte lässt sich eben nicht bis nach Genf transportieren, sonst müssten wir morgens um drei Uhr losfahren. Um diese Uhrzeit schlafen unsere Konditoren noch.

Stimmt es, dass es eine Bachmann-Filiale in Japan gibt?

Das ist korrekt. Inhaber ist Hiroshi Watanabe, und sie befindet sich im japanischen Hiratsuka, einem Vorort von Tokio. Vor 30 Jahren bildete Hiroshi Watanabe sich in der Richemont Fachschule in Luzern mit der Absicht weiter, eine echte Schweizer Konditorei in Japan zu eröffnen. Damals war er mit dieser Idee ein Pionier. Natürlich brauchte er dafür einen passenden Namen. Vom «rosaroten Unternehmen» Bachmann sowie von der Leuchtenstadt war er förmlich angetan. Zurück in Japan eröffnete er eine eigene Konditorei, die einer Bachmann-Filiale zum Verwechseln ähnlichsah.

Jahre später gratulierten Bekannte, welche Japan bereist hatten uns zum mutigen Schritt, im so fernen Japan eine Filiale zu eröffnen. Sie zweifelten nicht an deren Echtheit. Das Logo, die Verpackungen und die Schriftzüge entsprachen exakt dem Firmenauftritt der Confiserie Bachmann. Wir wussten von keiner Filiale in Japan und informierten uns. Hiroshi Watanabe war es unangenehm und lud uns postwendend nach Japan ein. Wir waren überrascht, als wir dort eine hervorragende Qualität vorfanden. Die grosse Gastfreundschaft berührte uns – und es entstand eine Freundschaft. Nach meiner abgeschlossenen Berufslehre arbeitete ich mit meinem Bruder 9 Monate in Japan, unter anderem bei Herr Watanabe. Seither verbindet uns viel mit Japan und wir stehen in engem Kontakt.


Das marktindex.ch Team dankt dem Luzerner Unternehmer Matthias Bachmann für das Interview und wünscht Ihm weiterhin alles Gute!